Geschichte

Die Ursprünge des Dorfes Konzen und des Konzener Landes.
Spurensuche anlässlich des Karlsjahres 2014

Von Raimund Palm † und Micha Kreitz

In Aachen begingen Stadt und Bistum 2014 das Karlsjahr. Im Zentrum stand der 1200. Todestag Karls des Großen, jenes Herrschers, der schon zu Lebzeiten zur Legende wurde und nach seinem Tod Bezugsgröße für alle späteren Herrscher war. Mit der Stabilisierung der politischen Lage seines Reiches gab er das Reisekönigtum der Merowinger auf und die Kaiserpfalz Aachen wurde zur festen Residenz des „pater europae“. Mit zunehmendem Aufwand musste für den Unterhalt der Hofhaltung gesorgt werden, zu diesem Zweck wurden Königshöfe gegründet.

So kommt Konzen, damals compendium, ins Spiel und so hat sich auch das Dorf Konzen 2014 an den Feierlichkeiten zum Karlsjahr beteiligt. 1988 schrieb Bischof Klaus Hemmerle in seinem Grußwort für die Festschrift zur 1100-Jahr-Feier:

„Die Geschichte von Konzen und die Geschichte des Aachener Doms sind nahe verbunden“. (1)

Wer sich von Aachen kommend Konzen nähert, der ahnt davon zunächst nichts. Doch seit Ende des 8. Jahrhunderts wurde „compendium“, wie es in einer Urkunde vom 13. Juni 888 heißt, zum Zentrum der Besiedlung und Christianisierung der fortan über fünf Jahrhunderte „Konzener Land“ genannten Region. Keimzelle all dessen war der karolingische Königshof, gelegen an einer alten Römerstraße, am Rande des Hohen Venns. (2)

Unternehmen wir also eine Spurensuche in die Zeit des frühen Mittelalters: Mancher mag dabei an die Pfarrkirche denken. Doch diese ist jüngeren Datums und geht selbst in ihren Ursprüngen nur auf eine um 1160 erbaute dreischiffige romanische Säulenbasilika zurück. Vorbei an steinernen Grabkreuzen erreichen wir den Friedhof. Wie archäologische Funde belegen, war dieser bereits zur Römerzeit besiedelt. Zwischen den Gräbern steht schließlich die Pankratiuskapelle – Ziel unserer Spurensuche.

Ihr östlicher Bereich bildet den Überrest der nachweislich um 890 erbauten Mutterkirche des Monschauer Landes (Pankratiuskirche). (3) Sie gilt neben dem Aachener Dom als ältestes nachrömisches Baudenkmal des Rheinlandes. Dieses Gotteshaus wurde Ende des 12. Jahrhunderts durch den oben erwähnten Neubau ersetzt, war doch die Bevölkerungszahl so angewachsen, dass die Pankratiuskirche mit einem Innenraum von etwa 100 m² und Platz für 200 Personen nicht mehr ausreichte.

In der genannten Urkunde aus dem Jahr 888, ausgestellt von König Arnulf, wird Bezug genommen auf eine Schenkung Lothars II., dem Urenkel Karls des Großen, wonach der neunte Teil aller Erträge des Konzener Königshofes an das Marienstift in Aachen gehen musste. Es handelt sich damit um die früheste Bestätigungsurkunde. (4) In der Regierungszeit Lothars II., 855 bis 869, hat es also den Konzener Königshof nachweislich gegeben. Wahrscheinlich bestätigte dieser bereits eine Schenkung seines Vaters Lothar I., begründet in einer Hungersnot des Jahres 850. (5) Die Forschung bestätigt darüber hinaus, dass der Konzener Königshof bereits durch Karl den Großen zum o.g. Zweck gegründet worden sind. (6) Und:

„Es muß [sic] dann vor der Pankratiuskirche […] einen irgendwie beschaffenen Raum, sei es eine Kapelle vielleicht noch aus Holz […] innerhalb des Hofes, für gottesdienstliche Zwecke, gegeben haben, da genau wie für eine Burg, auch für diese Zentralhöfe ein Kaplan vorhanden gewesen sein muß [sic], da ja auch das Christentum hier seinen Ursprung und seine Verbreitung finden mußte [sic].“ (7)

Vermutlich hat demnach bereits zur Zeit Karls des Großen an der Stelle der aus Stein gebauten Pankratiuskirche ein erstes Gotteshaus gestanden, dass den Zehnt des Königshofes bezog. Der Legende nach soll Papst Leo III. persönlich deren Weihe im Jahr 800 oder 805 vorgenommen haben. Doch selbst die aus der Stauferzeit stammende Nachricht, dass der Papst am Fest der Erscheinung des Herren 805 den Aachener Dom geweiht habe, scheint nur Legende zu sein.

Wenn wir auf der Suche nach dem eigentlichen Königshof nun den Blick nach Südwesten richten, dann fällt uns der Hardthof ins Auge mit seinem markanten, aber ortsuntypischen, Steinhaus, dass sich über drei Stockwerke erstreckt. In seinen Ursprüngen dürfte es sich um einen Teil der alten Hofanlage handeln. So entwickelt sich – ausgehend vom karolingischen Königshof – über Jahrhunderte das „Konzener Land“. Lage und Beschaffenheit des Ortes ließen aber eine zunehmende Befestigung oder gar den Bau einer Burg nicht zu. So lag die 1198 erstmals erwähnte Burg Monschau also im Konzener Land. Im Laufe des 13. Jahrhunderts wurde der darum entstandene Ort Monschau zum Mittelpunkt der Verwaltung und Konzen fortan Teil des Monschauer Landes. (8)

Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein war Konzen mit seiner Mutterkirche religiöser Mittelpunkt. (9) Heute kann man sich kaum mehr vorstellen, dass die Menschen aus dem gesamten Monschauer Land teils noch im 19. Jahrhundert nach Konzen zogen, um ihre Kinder taufen und ihre Toten bestatten zu lassen. Der „Liichewääsch“, der westlich der Kirche beginnt und bis nach Mützenich führt, zeugt noch davon. Konzen hatte auch schon früh eine Bedeutung als Wallfahrtsort der Heiligen Brigida für das Vieh, des Heiligen Quirinus für die Sterbenden und des Heiligen Rochus zur Bewahrung vor der Pest. Besonders bekannt wurde die Jahrhunderte alte Pankratiusverehrung, die von Konzen aus ihren Ausgang nach Westdeutschland und nach Belgien nahm. (10)

Heute trägt Konzen Karl den Großen im Dorfwappen. Und der Dorfrundgang, der zwischen Hardthof und Pankratiuskapelle beginnt, erinnert an den historischen Ursprung und Konzens Zeit als politisches, wirtschaftliches und kirchliches Zentrum der Region. Text- und Bildtafeln – erstellt durch den Eifelverein – lassen die Geschichte lebendig werden. Im Rahmen des Karlsjahres ist der „Kaiser-Karl-Weg“ als moderner Themenwanderweg hinzukommen, um die historischen Wurzeln Konzens und des Konzener Landes wandernd erfahrbar zu machen.


  1. Verein zur Pflege kultureller und dorfgeschichtlicher Zwecke (Hrsg.), 1100 Jahre Konzen. 888 bis 1988, Monschau 1988, S. 2. Die zitierte „nahe Verbundenheit“ wurde vielfältig spürbar: Im Rahmen des Festaktes fand ein Pontifikalamt unter Mitwirkung des Aachener Domchores statt, bei einer Sondersitzung des Stadtrates sprach Aachens Oberbürgermeister Kurt Malangré. Zum Festzug schließlich titelte die AVZ am 24.06.1988: „Josef Henn winkte gemeinsam mit Karl dem Großen“.

  2. Vgl. dazu: Hans Steinröx: Konzen und die Römerstraßen, HKM 9 (1961), S. 85-90.

  3. Vgl. dazu: Peter Schönhofen: Die Pankratius-Kapelle in Conzen bei Montjoie, in: Heimatblätter des Kreises Monschau 11 (1928), S. 173-176. Vgl. dazu: Heinrich Laumans: Geschichte des Montjoier Landes, speziell des fränkischen Königshofes Conzen in politischer und kirchlicher Beziehung, Monschau 1908. Darin fehlt leider eine ausführliche Schilderung der Ausgrabungen unter Pfarrer Laumans im Jahr 1904, wonach der östliche Bereich heutigen Kapelle nur der Chorraum der damaligen Pankratiuskirche ist. Demnach wurde in westlicher Richtung ein gut ein Meter dickes Fundament in den Ausmaßen zehn mal zehn Meter entdeckt.

  4. Vgl. dazu: Elmar Neuß: Die Urkunde König Arnolfs vom Jahre 888, in: ML 16 (1988) , S. 26-32.

  5. Vgl. dazu: Ludwig Mathar: Von den Karolingern bis zu den Jülichern, in: Das Monschauer Land – historisch und geographisch gesehen, Monschau 1955, S. 16, 17.

  6. Vgl. dazu: Reiner Nolden: Besitzungen und Einkünfte des Aachener Marienstiftes. Von seinen Anfängen bis zum Endes des Ancien Regime, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins, Bd. 86/87, (1979/80).

  7. Hans Steinröx: Von den Römern bis zur Neuzeit. 888 bis 1944, in: Verein zur Pflege kultureller und dorfgeschichtlicher Zwecke (Hrsg.), 1100 Jahre Konzen. 888 bis 1988, Monschau 1988, S. 14.

  8. Vgl. dazu: Elmar Neuß: Grundzüge der frühen Siedlungsgeschichte des Monschauer Landes , in: ML 16 (1988), S. 80-101.

  9. Vgl. dazu: Peter Schreiber: Die Mutterkirche des Monschauer Landes in Konzen, in: EHV 10 (1935), S. 145-154. Vgl. dazu: Hans Steinröx: Konzen Mittelpunkt des Monschauer Landes, in: HKM 1 (1953), S. 15-17.

  10. Vgl. dazu: Peter Schreiber, Konzen: Ein alter Wallfahrtsort, in: EHV 38 (1966), S. 105-113.

Ein Auszug der Festschrift zur 1.100-Jahr-Feier wurde in den Heimatblättern des Kreises Aachen veröffentlicht. Von dieser 100 Seiten umfassenden Broschüre haben wir noch Restexemplare.
Alle Interessierten können sich gerne bei Matthias Steffens oder Micha Kreitz melden oder unter Kontakt.
Pfarrkirche Konzen

Pfarrkirche Konzen

  • 888

    Compendium

    Konzen wird als „Compendium“ erstmals urkundlich erwähnt

  • 890

    Pankratiuskapelle

    Grundsteinlegung der Pankratiuskapelle

    890

  • 1160

    Pfarrkirche Konzen

    Ursprung der Pfarrkirche als dreischiffige romanische Säulenbasilika

  • 1198

    Burg Monschau

    Erstmalige Erwähnung der Burg Monschau

    1198

  • 1850

    Mittelpunkt

    Religiöser Mittelpunkt des Monschauer Lands

  • 1988

    1100-Jahr-Feier

    Konzen feiert sein 1100 jähriges Bestehen

    1988

  • 2014

    Karlsjahr

    Im Zentrum stand der 1200. Todestag Karls des Großen

Pankratiuskapelle Konzen

Der Hardthof in Konzen, eines der ältesten Gebäude des Orts.